Die Zukunft nicht kaputt sparen: Universitäten besorgt um Zukunftsfähigkeit des Landes  [11.11.24]

Universitätsleitungen solidarisieren sich mit Studierenden-Protesten am 13.11. an verschiedenen Hochschulstandorten und am 15.11. in Stuttgart

Aktuell verhandelt das Land Baden-Württemberg seinen Haushalt und damit auch die Eckpunkte der künftigen Hochschulfinanzierung. Es geht um die Grundfinanzierung für die Jahre 2026 bis 2030. Die Entwicklungen könnten die Universitäten zu harten Einschnitten zwingen – mit negativen Auswirkungen für die Ausbildung von Fachkräften, die Innovationsfähigkeit, den Wohlstand und die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Rektorinnen und Rektoren solidarisieren sich deshalb mit den in dieser Woche stattfindenden Studierenden-Protesten. An der Universität Hohenheim demonstrieren die Studierenden am 13. November ab 11:00 Uhr. Die zentrale Demonstration findet am 15. November ab 12:00 Uhr in der Landeshauptstadt Stuttgart statt.

Bildquelle: LRK/Unger+


Die Rektorinnen und Rektoren der neun Landesuniversitäten schlagen Alarm. Sie befürchten erheblich sinkende Mittel in den kommenden Jahren. Anlass für die Besorgnis ist die sogenannte Hochschulfinanzierungsvereinbarung (HoFV III) für die Jahre 2026 bis 2030. Eigentlich sollen diese Landesmittel die Grundfinanzierung der Hochschulen sichern und ihnen Planungssicherheit geben.

Die finanziellen Auswirkungen offenbarten sich jedoch erst beim Blick in die Detailregelungen, betont der Vorsitzende der Landesrektoratekonferenz Universitäten Baden-Württemberg (LRK BW) Professor Michael Weber: „Alle Informationen über die geplante Finanzierung für die kommenden Jahre zeigen, dass die Landeshochschulen real mit erheblich sinkenden Mitteln rechnen müssen. Dies wird nicht ohne schmerzhafte Einschnitte zu bewältigen sein.”

Bereits im Jahr 2026 wolle das Land bei den Hochschulen rund 91 Millionen Euro als sogenannte „Globale Minderausgabe” einsparen. „Das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst setzt diese Einsparung als Nullrunde für die Universitäten um. Intern können wir dies nur durch Kürzungen im siebenstelligen Bereich umsetzen“, so Professor Weber. Auch in den Folgejahren seien weitere Kürzungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen.

„Vordergründig spricht die Vereinbarung zwar von einer Budgetsteigerung von 3,5 Prozent. Tatsächlich wird diese aber durch gestiegene Personalkosten, Inflation und höhere Energiekosten aufgezehrt, so dass die Universitäten mit der geplanten Vereinbarung deutlich schlechter dastehen als mit der laufenden”, ergänzt die Stellvertretende Vorsitzende der LRK BW, Professorin Karla Pollmann. Dies könnten die Universitätsleitungen nur durch den Rotstift ausgleichen.

Dabei sei es gerade jetzt Zeit, in Bildung und Forschung zu investieren: „Universitäten sind einer der zentralen Motoren für die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg“, betont der LRK-Vorsitzende und Präsident der Universität Ulm: „Von der Forschung in Schlüsseltechnologien über die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bis hin zur Gründung neuer Unternehmen – in all diesen Bereichen legen Universitäten die Grundlagen, um die wirtschaftliche Dynamik des Landes zu erhalten und den Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften für die notwendigen Transformations-Prozesse zu decken.“

Professorin Pollmann, Rektorin der Universität Tübingen, betont: „Auch ökonomisch macht sich jeder Euro, den das Land in seine Universitäten investiert, fünffach bezahlt.“ Dies zeige eine aktuelle Studie der Universität München: Demnach erzielten die Universitäten Baden-Württembergs bei einem Landesnettomitteleinsatz von rund 1,6 Milliarden Euro eine Wertschöpfung von rund 7,8 Milliarden Euro.

Dazu trägt auch die Universität Hohenheim in besonderem Maße bei: Mit ihren besonderen Forschungs-Schwerpunkten sucht sie traditionell nach Lösungen für regionale und globale Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Besondere Stärken hat sie in den Bereichen Nachhaltigkeit und Bioökonomie, Klima- und Artenschutz, Ernährungssicherung, digitale Transformation und Zukunft der Arbeit. Studierende in Hohenheim erhalten neben ihrer fachlich versierten Ausbildung vor allem Schlüsselqualifikationen, um als Fach- und Führungskräfte neue Lösungen für neu auftretende Herausforderungen zu finden.

„Wir freuen uns, dass die Wissenschaftsministerin kämpft und sich für die Hochschulen einsetzt“, stellt Professor Weber fest. „Umso wichtiger ist es für die gesamte Landesregierung, die zentrale Rolle ihrer Universitäten zu nutzen, um die baden-württembergische Wissenschaft weiterhin konkurrenzfähig aufzustellen. Geschieht das nicht, steht das Erfolgsmodell Baden-Württemberg auf dem Spiel.“

Konkret wünschen sich die Universitätsleitungen Planungssicherheit über die Gesamtdauer von HOFV III, die Dynamisierung der Grundmittel um sechs Prozent sowie den Ausgleich von Belastungen durch höhere Energie- und Personalkosten gerade in zukunftsträchtigen Schlüsselbereichen für Forschung und Lehre.

TERMINE: Geplante Studierendenproteste

Angesichts der befürchteten Entwicklungen haben die Studierenden der Universität Stuttgart eine landesweite Kundgebung initiiert, der sich Studierendenverbände aller Landesuniversitäten angeschlossen haben. Start der zentralen Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug zum Schlossplatz ist am

Freitag, 15. November 2024
um 12:00
im Stadtgarten an der Universität Stuttgart (Keplerstraße 7).

 
Studierende mehrerer Universitäten haben außerdem lokale Aktionen an ihren Universitätsstandorten angekündigt:

Mittwoch, 13. November 2024

Universität Hohenheim: 11:00 Uhr Demonstrationszug, 12.30 Uhr Infoveranstaltung vor dem Schloss

Universität Konstanz und HTWG Konstanz: 11:00 Uhr Demonstration, Sammelpunkt: Innenhof der HTWG (Alfred-Wachtel-Straße)

Universität Tübingen: 13:00 Uhr Öffentliche Kundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz

Universität Ulm: 10:00 bis 14:00 Uhr Infoveranstaltung und Briefe an die Abgeordneten, Forum der Universität

Text: Liebhardt/Klebs, Universität Ulm/Hohenheim


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